Letztes Jahr schockierte uns Avengers: Infinity War mit der Auslöschung der Hälfte allen Lebens im ganzen Universum und dem gewaltsamen Tod unzähliger, lieb gewonnener Superhelden. Seitdem warten und hoffen wir gebannt darauf, dass die verbliebenen Helden in Avengers: Endgame (Release am 25. April 2019) irgendwie alles wieder richten. Doch die „größten Helden der Welt“ sind an einem Punkt angekommen, an dem sie jede Hilfe brauchen, die sie bekommen können. Da kommt Captain Marvel ins Spiel. Und damit wir Zuschauer auch wissen, wer das Ruder im Kampf gegen den wahnsinnigen Titanen Thanos herumreißen soll, bekommt die neue Heldin vorher kurzerhand noch ihren eigenen Film spendiert.

Eine Kriegerin findet zu sich selbst und wird zur Heldin.

Wieder einmal erwacht „Vers“ aus einem Albtraum. Im Schlaf sieht sie Szenen aus einer Vergangenheit, an die sie sich nicht erinnert, der Traum endet immer in einem Schusswechsel mit Talos, dem Anführer der Skrull. Die Skrull sind der Feind. Die Skrull müssen unbedingt ausgelöscht werden, um das Imperium zu schützen. Das weiß sie sicher. So hat man es ihr während ihres Kampftrainings beigebracht. Sie sieht aus dem Fenster und lässt ihren Blick über die Skyline von Hala schweifen.

Vers (Brie Larson) ist Teil der Starforce, einer Spezialeinheit der Kree, deren Mitglieder neben den Anklägern die stärkste Waffe im Arsenal des Imperiums darstellen. Neben der Tatsache, dass Sie sich nicht an Ihre Herkunft erinnert, unterscheidet Vers allerdings ein Merkmal deutlich von Ihren Kollegen: Ihr Körper wird von einer Energieform durchströmt, die es ihr erlaubt Photonenstrahlen aus Ihren Händen abzufeuern. Da sie diese Fähigkeit immer noch nicht vollständig im Griff hat, vor allem dann, wenn Vers ihre Selbstbeherrschung verliert, trainiert sie regelmäßig mit ihrem Kommandanten Yon-Rogg (Jude Law).

Als Vers Trupp auf den Planeten Torfa geschickt wird, um dort den Spion Soh-Larr vor den Skrull zu retten, geraten sie in einen Hinterhalt und Vers wird von den Skrull gefangen genommen und mittels einer Gehirnscan-Technologie verhört. Dieser Scan fördert nicht nur die Ereignisse der jüngsten Vergangenheit zutage, sondern spült auch wieder die Szenen aus ihren Träumen und einen weiteren Teil der verlorenen Erinnerungen an die Oberfläche. Ihr Entführer stellt sich übrigens als der Skrull Talos (Ben Mendelsohn) heraus. Ja genau, die grüne Figur, die Vers jede Nacht in ihren Albträumen heimsucht.

Als sie für einen Moment allein gelassen wird, kann Vers sich mit Hilfe ihrer besonderen Kräfte befreien und flüchtet auf einen nahe gelegenen Planeten, um den das Skrull Schiff, auf dem man sie gefangen hält, gerade kreist. Als sie bei Ihrer Landung durch das Dach eines Blockbuster Video Ladens kracht, ist – zumindest für den Zuschauer – sofort klar: Sie ist auf der Erde!

Im weiteren Verlauf der Geschichte findet Vers heraus, wonach die Skrull auf der Erde suchen und das sie aufgrund ihrer Vergangenheit irgendwie darin verwickelt ist. Sie erkennt, dass sie unseren Planeten nicht zum ersten Mal aus der Nähe sieht und findet alsbald heraus, dass sie früher Captain Carol Danvers war, eine Pilotin der U.S. Air Force und Mitglied eines Projekts namens Pegasus. Sie kontaktiert Yon-Rogg und nimmt – entgegen dessen Befehlen – die Verfolgung der Skrull auf, die sich (als Formwandler unentdeckt) schon länger auf der Erde aufzuhalten scheinen. Da ihre Jagd nicht unbemerkt bleibt, sind ihr schon bald die Agenten einer irdischen Geheimorganisation auf den Version: Die S.H.I.E.L.D. Agents Fury und Coulson.

Wer sich im Marvel Universum gut auskennt und schon als Kind die Comics verschlungen hat, benötigt zu den Begriffen, die ich Euch gerade wie beiläufig an den Kopf geworfen habe, vermutlich keine weitere Erklärung. Für Neueinsteiger oder Filmfreunde, die nicht alle Hintergründe kennen, möchte ich kurz auf die drei folgenden Erwähnungen eingehen:

Das Kree Imperium wurde ursprünglich von den Kree gegründet, einem Volk blauhäutiger Aliens mit blauem Blut (das im Projekt T.A.H.I.T.I. zum Einsatz kam, um Phil Coulson – nach seinem Tod im ersten Avengers Film – heimlich zu reanimieren, was zur TV Serie Agents of S.H.I.E.L.D. führte) und besteht inzwischen aus mehreren, von den Kree unterworfenen Spezies und unzähligen Welten. Im MCU wird das Kree Imperium vom Nova Corps überwacht und im Zaum gehalten.

Mit einem der Kree Ankläger machten Kinobesucher bereits in Guardians of the Galaxy Bekanntschaft: Ronan (Lee Pace). Die Ankläger werden von der Starforce gerufen, um einen zu erobernden Planeten endgültig in die Knie zu zwingen – in der Regel, indem man die komplette Planetenoberfläche ins Nirvana bombt. Weil das Nova Corps die Kree irgendwann zum Frieden gezwungen hat, trachtet Ronan in Guardians of the Galaxy nach der Vernichtung Xandars und damit des Nova Corps, um dem Kree Imperium wieder zu alter Größe zu verhelfen.

Die Skrull sind ein grünhäutiges Volk von Gestaltwandlern, die sich dem Kree Imperium wiedersetzten, als es versuchte sich deren Welt und Kultur einzuverleiben. In den Comics nutzten die Skrull die Erde einerseits als strategisch wichtige Basis im Krieg gegen die Kree und andererseits als Labor für genetische Experimente. Dadurch entstanden unter anderem die ersten menschlichen Mutanten. Im MCU fällt diese Rolle stattdessen den Kree zu (Agents of S.H.I.E.L.D. / Inhumans), was die Skrull (zumindest vorerst) in ein anderes Licht rückt. Im Kino haben die Skrull in Captain Marvel ihren ersten Auftritt.

Captain Marvel spielt im Jahr 1995 und hat damit – vom ersten Captain America Film und diversen Rückblenden in anderen Streifen einmal abgesehen – einen Platz ganz weit vorne in der MCU Timeline. Nahezu alle Ereignisse, die wir bereits im Kino gesehen haben, liegen aus Captain Marvels Sicht damit in der Zukunft. Dies gilt insbesondere für Avengers: Infinity War.

Nick Fury (Samuel L. Jackson) ist noch ein Agent und nicht Direktor. Er hat noch beide Augen, Haare auf dem Kopf und trägt noch keinen Bart. Ein wahrlich gewöhnungsbedürftiger Anblick. Und Phil Coulson (Clark Gregg) ist der Frischling an seiner Seite. Tja und dann sind es eben die 90er Jahre: Keine Smartphones, keine Tablets, keine Superhelden, dafür flotte Sprüche und schräge Klamotten. Das ist wirklich witzig anzusehen.

Meine Meinung.

Wie seine sämtlichen Geschwister aus dem Marvel Cinematic Universe, geizt auch Captain Marvel nicht mit den von uns lieb gewonnenen Goodies: atemberaubende Spezialeffekte, eine große Portion Action, eine ordentliche Prise Humor – natürlich ohne albern zu sein, trotz all dem genug Zeit, um die Charaktere ausreichend Tiefe entwickeln zu lassen, coole Musik und der obligatorische Cameo Auftritt von Stan Lee (alle Cameos für 2019 hatte er vor seinem Tod bereits abgedreht). Excelsior!

Kurz gesagt habe ich, wie erwartet, auch an Captain Marvel nichts auszusetzen und habe nach dem Genuss des Films gut gelaunt und zufrieden das Kino verlassen. Eine Auffälligkeit gibt es an dem Streifen aber, die einer Erwähnung wert wäre:

Während alle Marvel-Helden in der Regel von Anfang an Sympathie bei den Zuschauern wecken, tritt Carol Danvers zu Anfang des Films erstmal als kalte, unbarmherzige und indoktrinierte Kree-Kriegerin auf. Sympathie-Faktor: -10. Erst nachdem sie auf der Erde strandet und nach und nach zu ihrer Menschlichkeit zurückfindet, wird sie für den Zuschauer nahbar und steigert damit ihre Sympathie-Werte Stück für Stück bis zum Ende des Films auf das gewohnte Level. Im Hinblick auf ihre Story, ist das vollkommen logisch und nachvollziehbar. Dennoch habe ich online Kommentare gefunden, die Brie Larsons Spiel als zu kühl und zu distanziert beschrieben haben. Echt jetzt? Haben die den Film bis zum Ende gesehen?

Captain Marvel könnt Ihr Euch aktuell im Kino anschauen. Wie für einen Marvel-Film heutzutage üblich, ist der Streifen das Ticket absolut wert. Online lässt der Film sich auch bereits schon vorbestellen: [Affiliate-Links: iTunes / amazon.de]

Recht herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.


Hinweis: Die in diesem Artikel verwendeten Bilder, Logos und Videos dienen lediglich der Illustration und sind geistiges Eigentum von Marvel Studios und Walt Disney Studios Motion Pictures.