Eines vorweg: Ich bin großer Fan von Emmerichs Independence Day von 1996. Verdammt, ich wäre damals nach Bill Pullmans Motivationsrede am liebsten aus dem Kinosessel raus und direkt selbst in das Cockpit einer F-18 gestiegen. Als ich dann irgendwann lesen durfte, es sei für 2015 eine Fortsetzung geplant, war ich richtig aus dem Häuschen. Zum offiziellen Kinostart schaffte ich es dann leider nicht, mir den Film anzusehen und wartete seither gespannt auf den Disc/iTunes Release. Letzten Donnerstag war es dann endlich soweit und der Film tauchte bei iTunes auf. Immer noch voller Vorfreude, habe ich nicht lange gezögert und mir den Film noch am gleichen Abend mit meiner Frau zusammen angesehen. Ich sollte an dieser Stelle zu meiner Verteidigung erwähnen, dass ich dem ersten Teil soviel Zuneigung entgegen bringe, dass mein Vertrauen in eine Fortsetzung mit Emmerich am Ruder ziemlich grenzenlos war. Bis zum Release hatte ich daher vollständig vermieden, mich zu spoilern und aus dem gleichen Grund auch auf das Lesen jeglicher Kritiken verzichtet. Ach, selbst wenn: Zu dieser Fortsetzung hätte ich mir wohl ohnehin unbedingt selbst ein Bild machen wollen. Jetzt, nachdem ich den Streifen gesehen habe, muss ich annehmen, ich wäre mit ein wenig Vorbereitung vermutlich weniger enttäuscht worden und mein Urteil würde milder ausfallen – aber dazu gleich mehr.
Rücken wir erstmal die Handlung ein wenig ins Zentrum unseres Blickfelds:
In den ersten Minuten findet eine kurze Einführung statt. Man bringt dem Zuschauer im Schnellverfahren bei, dass a) viel Zeit vergangen ist und b) die Retter der Welt von damals heute noch Schwierigkeiten zu haben scheinen, mit dem erlebten klar zu kommen. Man freut sich, Bill Pullmann zu sehen, auch wenn er müde und fertig aussieht. Als die neue Präsidentin ihren besten Piloten begrüßt, wird erst als die Kamera den Blickwinkel verändert klar, dass nicht Captain Steven Hiller (Will Smith) auf der Leinwand zu sehen ist, sondern sein inzwischen erwachsen gewordener Sohn – auf diese Verwechselung wurde natürlich ganz bewusst abgezielt. Die Tochter des ehemaligen Präsidenten ist inzwischen Angestellte im wieder aufgebauten weißen Haus – sie und Dylan Hiller scheinen beste Freunde zu sein und auf dem Mond befindet sich deren Verlobter (die Nr. 3 im Beste-Freunde-Gespann) gerade in militärischer Verbannung, weshalb erfährt man erst etwas später. An diesem Punkt sind wir nach 4 Minuten und 50 Sekunden.
Bereits 2 Minuten und 46 Sekunden später wissen wir, dass eben dieser Kerl ein richtig toller Hecht ist, weil er mal eben die ganze Existenz des Menschen auf dem Mond, in Form einer Basis unterhalb einer frisch installierten Erd-Verteidigungs-Waffe, vor der sicherung Vernichtung bewahrt, in dem er verhindert dass die Waffe, die er eben noch mit einem Schlepper transportiert hat, auf eben diese Basis stürzt – innerhalb dieser knapp drei Minuten natürlich, inklusive der letzten 7 Meilen Transportweg.
Bis zum Zeitstempel 17:54 haben wir dann mehr oder weniger den Rest des Casts und deren Beziehungen untereinander kennengelernt. Jeff Goldblum spielt auch in der Fortsetzung wieder David Levinson, von seiner heiß geliebten Frau spricht niemand mehr und an seine veränderte Synchronstimme gewöhnt man sich auch bis zum Ende des Films nicht. Wir lernen, dass Dylan beinahe von seinem besten Freund Jake, dass ist der Held (gespielt von Liam Hemsworth) der auf die öde Mondbasis verbannt wurde, bei einem heiklen Flugmanöver umgebracht worden wäre und das die ganze Menschheit inzwischen als vereintes Volk daran gearbeitet hat, die nach dem ersten Film liegen gebliebene Technologie der Aliens für sich nutzbar zu machen und eine Verteidungslinie im Sonnensystem aufzubauen, falls die fiesen Angreifer sich dazu entschließen sollten, irgendwann wieder zu kommen.
Als nächstes wird Alien-Aktivität entdeckt, die militärische Führung kommt zusammen und ein fremdes Schiff taucht über dem Mond auf. Und gerade als man denkt „das läuft genauso ab, wie letztes Mal“ wird das Schiff abgeschossen und Levinson auf den Mond berufen um die Trümmer zu untersuchen. Ha! Reingelegt! Dann zeigt man uns auf die Schnelle das Levinsion-Senior auch noch lebt und sich inzwischen als Autor seiner eigenen Biografie seinen Lebensunterhalt verdient und es folgt die Feier zum Jubiläum des Siegs über die Alien-Invasoren…
Als nächstes wird Alien-Aktivität entdeckt, die militärische Führung kommt zusammen und ein fremdes Schiff taucht über dem Mond auf. Und nein, das ist kein Copy & Paste Fehler! Es geschieht tatsächlich noch einmal. Im gleichen Film. Nur wenige Minuten später. Diesmal wird die Mondbasis allerdings von dem sehr viel größeren Schiff platt gemacht und Levinson schließt daraus, dass das andere Schiff, das man zuvor abgeschossen hat, wohl anderer Herkunft gewesen sein muss und dessen Wrackteile deshalb geborgen werden müssen. Was auch gelingt, während der eigentliche Angreifer gleichzeitig über sie hinwegzieht und Kurs auf die Erde nimmt. Die Feierlichkeiten werden abgebrochen und jeder Mensch der Rang und Namen hat wird in den Cheyenne Mountain (ja genau, das ist der Berg aus Stargate) evakuiert.
Nun tauchen wieder flammende Wolken am Himmel auf, ganz so wie im ersten Teil. Diesmal sind es aber nicht viele Schiffe mit jeweils 30 km Durchmesser sondern ein Schiff mit über 5000 km Durchmesser, das dann auch mal eben auf dem Planeten landet und ihn dabei zu einem großen Teil komplett bedeckt… Menschen laufen in Panik die Straßen entlang um ohne jede Chance vor ihrer Vernichtung zu fliehen, blaue Energiestrahlen werden abgefeuert und jede Menge Wolkenkratzer gehen auf der ganzen Welt zu Bruch. Alles genau wie damals, nur wurde diesmal eben ein oder zwei Gänge hochgeschaltet.
In der weiteren Handlung lässt sich Bill Pullmann auf einem Plausch mit einem gefangenen Alien ein (Brent Spiners Figure lebt übrigens noch und ist auch wieder Teil dieser Szene), Soldaten erschießen das Alien um Pullmann zu retten, ein paar Überlebende sind unterwegs durch die Trümmer und lesen dabei andere Überlebende auf, es wird ein Luftangriff auf das Schiff der Aliens beschlossen, die Piloten und Helden des Films führen tiefschürfende Gespräche in der Umkleide, der Angriff wird geflogen und bleibt ganz furchtbar erfolglos. Wieder einmal löschen die Aliens die komplette Führung der Amerikaner aus, Brent Spiner doktoriert auf’s neue an Alien-Technologie herum (diesmal an den Wrackteilen des zuerst abgeschossenen Schiffs) und es wird infolgedessen ein waghalsiger Plan erdacht um die Erde zu retten und die Aliens in die Flucht zu schlagen. Und natürlich muss sich, damit der Plan am Ende gelingt, wieder ein Vater für sein Kind und die Menschheit opfern und von unten auf das angreifende Schiff der Aliens zufliegen – nur dass der Vater diesmal Bill Pullman ist und er es diesmal sogar mit seiner Bombe bis ins Alienschiff hinein schafft. Oh und fast hätte ich es vergessen: Er startet natürlich nicht, ohne vorher nochmal eine flammende Motivationsrede zu halten – mein persönliches Highlight des Films. Er hat’s halt immer noch drauf, der alt gewordene Whitmore. Ich hätte ihm fast applaudiert…
Und weil wir ja diesmal noch einen Gang hochgeschaltet haben, ist der Kampf damit noch nicht vorbei. Stattdessen werden noch einige Minuten hoffnungslos erscheinender Schlacht drangehängt um eine riesige Alienkönigin zu bekämpfen. Am Ende stehen dann aber doch wieder alle Helden in halb geöffneten Flieger-Overalls irgendwo in der Wüste und freuen sich über ihren Sieg.
TL;DR // Zeit für das Fazit:
Wer – so wie ich – den ersten Teil unzählige Male gesehen hat, wird schon selbst darauf gekommen sein: Independence Day 2 ist eine Art Remake, dass sich als Fortsetzung zu tarnen versucht, indem es andauernd deutlich darauf hinweist, dass 20 Jahre vergangen sind und sich in dieser Zeit alle Protagonisten, die gesamte Menschheit und auch die Aliens weiterentwickelt haben. Dadurch steckt diesmal noch mehr Sci-Fi in dem Film, was auch auf mehr Effekte und noch viel mehr Krach-Bumm-Action hinausläuft. Gleichzeitig fehlt dem Streifen aber jegliche Seele, da man ihm anmerkt, das da ganz uninspiriert versucht wurde, einfach den gleichen Film mit der Kino-Technik von heute noch einmal zu machen und das irgendwie zu verschleiern.
Mir ist klar, wo das herkommt. Die viel diskutierte Neuauflage von Star Trek, hat mit der neu eingeführten Zeitlinie in Details und mit dem zweiten Film (Star Trek: Into Darkness) ganz konkret dasselbe getan. Da wurden bekannte Elemente hergenommen und ein wenig neu arrangiert um bei den Fans des Originals ein gewisses Nostalgiegefühl zu erzeugen und gleichzeitig aber etwas neues zu schaffen, mit dem auch neue Fans generiert werden konnten. Auch die siebte Episode von Star Wars ist ein Stück weit diesen Weg gegangen, aber gerade hier machte das für mein Gefühl sogar Sinn weil, die Wege der Macht sich über die Jahrtausende immer wieder wiederholen.
Diesen Kniff hat Emmerich mit diesem Film aber nicht geschafft. Beim Anschauen kommt einem zwar wie geplant alles seltsam vertraut vor, trotzdem sind die einzelnen Elemente aber so gezwungen eingebaut und aneinander gestückelt, das nichts so richtig zusammen passen will. Selbst für Hardcore-Fans des ersten Teils, ist diese Pseudo-Fortsetzung nicht einen Cent des Geldes wert, das dessen Anschaffung/Miete gekostet hat. Und kein Urteil könnte vernichtender sein, als diese Worte aus dem Mund eines Fans zu hören.
Recht herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Hinweis: Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder sind Eigentum der 20th Century Fox.