watchdogs_2_01In den Medien macht die Schlagzeile die Runde, Watch Dogs 2 bliebe hinter den (vom französischen Publisher Ubisoft) erwarteten Verkaufszahlen zurück. Der eine oder andere Spieletester kann sich mit den neuen, ein wenig satirisch anmutenden Protagonisten aus dem Hipster-Lager so gar nicht anfreunden. Der nahtlos in die Spielerfahrung integrierte Multiplayer Modus musste direkt nach dem Release des Spiels erstmal abgeschaltet werden, weil er für erhebliche Performance-Einbrüche sorgte.

Ein reibungsloser Start für ein neues Spiel sieht nun wirklich anders aus – aber von Ubisoft kennen wir das ja schon und bis jetzt war das für noch keines der, in dieser Art betroffenen, Spiele ein Hinderungsgrund, nicht trotzdem nach einer kurzen Leidensphase ein gutes Spiel abzugeben und eine Spieler-Fanbase für sich zu gewinnen. That said, wie steht’s nun also um Watch Dogs 2?

Ich mochte ja schon den ersten Teil – auch wenn der Protagonist Aiden Pearce, mit Rache als seiner einzigen Motivation, ein paar Identifikationsprobleme  bei uns Spielern hervorrief und die etwas gewöhnungsbedürftige Steuerung, mit ihren gefühlt 10.000 Hacking-Optionen und hakeliger Fahrphysik, eine recht hohe Einstiegshürde darstellte. Oder vielleicht auch gerade deshalb… Wenn man nämlich erstmal raus hatte, wie man sich geschickt durch „The Windy City“ bewegt und gleichzeitig die Umgebung hackt und damit für sich nutzbar macht, dann konnte man so richtig seinen Flow finden und wurde ziemlich unaufhaltsam. Und genau dann machte Watch Dogs so richtig Laune! Für mich war die Fortsetzung damit ein Pflichtkauf, ganz egal was die Medien dazu sagen würden und offenbar ging es mir nicht alleine so: Entgegen der weltweit eher schwachen Verkaufszahlen, hat es Watch Dogs 2 hier in Deutschland ziemlich zügig auf Platz 1 der Spiele-Verkaufs-Charts (laut Marktforscher GfK) gebracht.

Aller Anfang ist schwer – und im Fall von Watch Dogs 2 sehr langatmig.

Zum Auftakt bricht man erst einmal, ca. 25 Minuten lang und bei Nacht, in eine Server-Farm ein und hackt dort sein eigenes ctOS Profil, gewissermaßen als Mutprobe / Aufnahme-Ritus für Dedsec – die gleiche Hacker-Truppe, die wir schon als Nebendarsteller im ersten Spiel kennenlernen durften. Unser Protagonist ist diesmal Marcus Holloway, ein intelligenter Hipster in den mittleren Zwanzigern, mit dem Wunsch die Welt zu verändern und den Siegeszug von ctOS zu stoppen. Sobald seine Reifeprüfung geschafft ist, wird er von Dedsec einkassiert und mit einem Sack über dem Kopf zu seinen neuen Mitstreitern gebracht. Ein paar Gespräche, eine Saufparty am Strand und eine Aufwachszene in einem fremden Bett und ohne Hose später, gehört Marcus fest zur Dedsec-Zelle von San Francisco, dort spielt der zweite Teil nämlich, und bekommt nach einer ersten Visite im geheimen Hauptquartier seine ersten Aufträge.

Die gestalten sich noch etwas lahm und öde – und das wirkte auf mich sogar wie Absicht. Offenbar wollte man die Einstiegshürde für neue Spieler diesmal unbedingt senken und hat es dabei ein wenig zu gut gemeint. Man braucht daher in den ersten Stunden wirklich guten Willen und / oder eine gute Portion Durchhaltevermögen. Da gibt’s überhaupt nichts zu beschönigen. Doch sobald man die ersten Erfahrungspunkte freigeschaltet und in den sehr umfangreichen Skill-Tree investiert hat, kommt langsam Bewegung in die Sache. Und als wäre es genau so getimed, nimmt dann auch die Story langsam Fahrt auf. Es lohnt sich also, auch wenn der Ersteindruck einem das Gegenteil vermittelt, dran zu bleiben und dem Spiel eine Chance zu geben, sich zu entfalten.

Nervige Protagonisten…?!??

Nach den ersten Previews schienen der Spielcharakter und seine Mitstreiter ein Haufen selbstverliebter und pseudocooler Hipster zu sein, die einem mächtig auf den Keks gehen. Doch ist es wirklich so schlimm geworden? Also erstens, bekommt man davon im normalen Spielfluss nicht viel mit – das „nervige Gehabe“ über das einige sich beschwert haben beschränkt sich nach meiner bisherigen Erfahrungen offenbar weitestgehend auf die Zwischensequenzen und die kann man, wenn man das möchte, jederzeit abbrechen. Und zweitens muss ich sagen, dass die Realität bei weitem nicht so „schlimm“ geworden ist, wie es anfangs den Anschein zu machen schien. Im Gegenteil: Hat man die Jungs und Mädels erstmal ein wenig kennengelernt, macht ihr ganzes Auftreten insgesamt sogar Sinn und passt ins Gesamtkonzept – und hat man sich erstmal ein wenig daran gewöhnt, fällt es einem ohnehin nicht mehr so sehr auf. Ich denke, man kann diesen Kritikpunkt also durchaus ignorieren. Ich hatte jedenfalls noch keinen Moment in dem ich „Man, halt doch einfach lieber die Fresse, Kollege“ dachte.

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Die Spielwelt ist wirklich gut gelungen.

Das kalifornische San Francisco bietet einen schönen Kontrast zu Chicago aus dem ersten Teil. Knallige Farben, hübsche Grafik, tolles Licht, viele Fahrzeuge auf den Straßen und wirklich hübsche Animationen die, gerade im Vergleich zum ersten Teil, besonders zum Tragen kommen, wenn man mit seiner Spielfigur im Parcour-Modus durch die Stadt sprintet oder gegen Gegner kämpft. Marcus ist im Vergleich zu Aiden doch wesentlich geschmeidiger unterwegs. Die Weitsicht ist ziemlich hoch, die Stadt lebt richtig und lädt den Spieler zu Erkundungstouren ein, der Sound knallt (auch wenn man die Elektro-Musik, die unsere Protagonisten bevorzugen nicht unbedingt mögen muss), und die deutschen Synchronsprecher haben gute Arbeit geleistet. Und mehr noch, als im ersten Teil gilt wieder: Alles was du sehen kannst, kannst du auch hacken. Kurz gesagt, das San Francisco aus Watch Dogs 2 ist es durchaus wert, viele Spiel-Stunden darin zu verbringen. Ach, wo wir es gerade von Spiel-Stunden haben: Ich habe das Spiel bis jetzt nur einige Stunden gespielt, kann es also noch nicht selbst beurteilen, aber nach allem was man so liest, bietet allein die Story um die 25 Stunden Spielzeit. Das ist mehr als nur ordentlich. Ich glaube, das letzte Spiel mit dem ich so lange beschäftigt war, war Witcher 3

Zeit für mein vorläufiges Fazit:

Die ersten ein bis zwei Stunden können einen durchaus kurz daran zweifeln lassen, ob man einen guten Spielekauf getätigt hat. Doch lässt man sich davon nicht beirren und hält ein wenig länger durch, eröffnen sich (soweit sich das bislang für mich darstellt, jedenfalls) nach und nach eine gute Story und durch die Skills vielfältige taktische Optionen. Wie schon im ersten Teil muss man sich an die Steuerung und die vielen Interaktionsmöglichkeiten erst einmal gewöhnen – aber das ist durchaus schaffbar und die „Mühe“ wert. Ich habe bislang nun wirklich noch nicht viel gesehen, aber was ich bis jetzt schon erlebt habe, macht Lust auf mehr und lässt mich auf viele spaßige Stunden mit vielen spannenden, teilweise lustigen und vor allem abwechslungsreichen Missionen hoffen. Von daher ist Watch Dogs 2 aus meiner Sicht eine klare Kaufempfehlung, insbesondere für Fans des ersten Teils. In diesem Sinne…

Recht herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

 


Hinweis: Dieser Artikel enthält ausschließlich Screenshots vom Hersteller, die Euch lediglich einen optischen Eindruck des Spiels vermitteln sollen und keinesfalls als grafisches Referenzmaterial zu betrachten sind. Das Spiel wurde von mir ganz regulär im Handel käuflich erworben.