Die Generation, die man aktuell als „junge Leute“ bezeichnet, hat davon vermutlich noch nie gehört und wer derzeit im Rentenalter ist, mit großer Wahrscheinlichkeit auch nicht. Aber all diejenigen, die sich irgendwo dazwischen befinden (also quasi meine Generation), denken zuweilen gerne mal mit leicht verklärtem Blick zurück an „die guten alten Zeiten“, in denen man LAN Parties besuchen musste, um gemeinsam oder gegeneinander zu spielen und in denen ICQ der Instant-Messenger unserer Wahl war.

ICQ. Die drei Buchstaben sind ein Homophon und stehen für die Worte „I seek you“. Sie stehen außerdem für den ersten Instant-Messaging-Dienst, der es zu weltweiter Verbreitung gebracht hat und dabei lediglich einen Internet-Anschluss für seinen Betrieb voraussetzte. Dass die Software zudem kostenlos war, hat bei der Verbreitung sicher ebenfalls geholfen. Erfunden wurde das Programm von vier israelischen Studenten:

Yair Goldfinger, Arik Vardi, Sefi Vigiser und Amnon Amir.

Die Erstveröffentlichung fand im November 1996 unter der Flagge der Firma Mirabilis, einem von Arik Vardis Vater finanziertem Startup, statt. Bereits keine zwei Jahre später, genauer im Juni 1998, kaufte der amerikanische Medienkonzern AOL das Startup für satte 407 Millionen US Dollar und zu Anfang der 2000er Jahre zählte ICQ weltweit mehr als 100 Millionen Nutzer. Soviel zur Geschichtsstunde.

Ihr fragt Euch vielleicht: „Wie, zum Henker, kommt der jetzt bloß auf so einen alten Hut?“

Na genau wie immer. Ich saß mit einem alten Freund, den ich viele Jahre weder gesehen noch gesprochen hatte, beim Abendessen und wie das so ist, kamen wir nach den gegenseitigen Life-Updates irgendwann auf unsere Jugendzeit zu sprechen. Und plötzlich stand die Frage im Raum:

„Was ist eigentlich aus ICQ geworden? Gibt’s das überhaupt noch? Benutzt das noch irgendwer?“

Ich wäre nicht ich, wenn ich das einfach wieder vergessen hätte. Nein, ich habe noch am gleichen Abend (oder besser: in der gleichen Nacht) ein wenig recherchiert und dabei das Material für diesen Beitrag zu Tage gefördert. Und was für ein Blogger wäre, ließe ich das einfach in der Schublade, beziehungsweise irgendwo in meinem Hinterkopf, ungenutzt vergammeln? Na ein schlechter natürlich.

Wie ging es also weiter und wo steht ICQ also heute?

Im Jahr 2005 bekam der AOL Time Warner Konzern ein Patent für Instant Messaging zugesprochen. Damit steht offiziell fest: ICQ ist der Urvater aller Messaging Dienste, die wir heute täglich nutzen. Ab 2007 wurde Microsoft Windows 98 und Windows 2000 nicht mehr unterstützt. Im April 2010 wurde ICQ für 187,5 Millionen US Dollar an das russische Unternehmen Digital Sky Technologies verkauft, die sich kurz danach in Mail.ru Group umbenannt haben. Zu diesem Zeitpunkt hatte ICQ bereits mit stark rückläufigen Anwenderzahlen zu kämpfen und verzeichnete weltweit nur noch 42 Millionen Anwender.

Bis 2013 sollte die Zahl noch auf 11 Millionen Nutzer sinken.

Diesen Zahlen zum Trotz, erschien im Jahr 2016 Version 10.0 und ermöglichte erstmals in der Geschichte von ICQ, einen über mehrere Geräte synchronisierten Chat-Verlauf, sowie Gruppen- und Videochats. Aktuelle Nutzerzahlen kenne ich zwar nicht, aber ICQ verrichtet auch heute noch brav seinen Dienst.

Inzwischen gibt es, neben den Clients für Windows und macOS, auch Apps für iOS (seit 2009) und Android (seit 2010). Dank reichlich fragwürdiger Datenschutz- und Nutzungsbedingungen sollte ich Euch, aus heutiger Sicht, aber wohl von deren Nutzung eher abraten. Da heißt es beispielsweise:

„Sie stimmen zu, dass Sie Ihr Urheberrecht sowie jegliche andere Eigentumsrechte an gesendetem Material durch das Senden aufgeben. Des Weiteren stimmen Sie zu, dass ICQ Inc. befugt ist, nach eigenem Ermessen jegliches gesendete Material oder gesendete Informationen in jeder Art und Weise zu benutzen, beispielsweise, aber nicht ausschließlich, indem es das Material veröffentlicht oder verbreitet.“
(Quelle: Wikipedia)

Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen, aber vermutlich war das in „den guten alten Zeiten“ nicht viel anders. Damals hat’s uns nur einfach überhaupt nicht interessiert. Und wenn ich mir die Nutzerzahlen von WhatsApp so ansehe (Anfang 2015 waren es 800 Millionen Anwender), dann sehen das die „jungen Leute“ heute wohl nicht anders. In diesem Sinne…

Recht herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

 


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