Ich sitze mit meiner Frau im Kino und starre gebannt auf die schwarze Leinwand, während gerade vertraut klingende Orchesterklänge einsetzen. Und da ist sie, die blaue Schrift auf schwarzem Grund, die wir alle in den letzten 40 Jahren schon unzählige Male gesehen und lieben gelernt haben:

Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis…

Klar was als nächstes kommt: Das Star Wars Logo, das klassische Intro Theme und die gelbe Laufschrift, die uns in knappen Sätzen über die Vorgeschichte des vor uns liegenden Films informiert. Diesmal nicht.

Die Musik bleibt sachte und nimmt erst langsam an Fahrt auf, anstelle gelben Lauftextes erscheinen nacheinander weitere Zeilen in blauer Schrift (übersetzt, nicht zwingend exakt die deutsche Fassung):

Es ist eine gesetzlose Zeit. Verbrechersyndikate konkurrieren um Ressourcen – Nahrung, Medizin und Hypertreibstoff. Auf dem Schiffswerft-Planeten Corellia zwingt die bösartige Lady Proxima entlaufene Kinder in ein Leben des Verbrechens und bietet Ihnen im Gegenzug Unterkunft und Schutz. Inmitten dieser Situation kämpft ein junger Mann um sein Überleben und sehnt sich danach, zu den Sternen zu fliegen…

Schließlich setzt das Orchester doch noch voll ein und wir bekommen das Logo des Films zu sehen:

Wenige Augenblicke später befinden wir uns schon mitten in einer Verfolgungsjagd. Der junge Han hat eine Phiole Coaxium mitgehen lassen, den im Vorspann erwähnten Hypertreibstoff, ohne den das Reisen im Hyperraum nicht möglich ist. Da das Zeug schwer zu beschaffen, noch schwerer zu verarbeiten, vom Imperium (die Machtübernahme durch Imperator Palpatine am Ende von Episode III ist ca. 5 Jahre her) streng kontrolliert und damit für jeden anderen quasi unbezahlbar ist, glaubt Han für sich und seine Freundin Qi’ra endlich ein Ticket runter von Corellia gefunden zu haben. Völlig klar, dass den beiden nun imperiale Sturmtruppen und Söldner der White Worms (Lady Proximas üble Truppe) im Nacken sitzen.

Solo: A Star Wars Story schert, wie auch schon Rogue One vor ihm, deutlich aus der Reihe der Haupfilme aus, die man inzwischen durchaus auch als die Skywalker-Saga (Episoden I bis IX) bezeichnen könnte. Was in Details wie dem veränderten Intro beginnt, zieht sich dankenswerterweise durch den ganzen Film. War Rogue One ein Kriegsfilm, so ist Solo ein typischer Heist-Movie im Star Wars Universum, der uns nicht nur einen Einblick in das frühe Leben einer der bekanntesten Figuren der Filmgeschichte erlaubt, sondern auch eine ganz neue Perspektive auf das Star Wars Universum.

Im weiteren Verlauf des Films treffen wir neben Han Solo (Alden Ehrenreich) und seiner Freundin Qi’ra (Emilia Clarke) auf einige neue Charaktere, wie den Gauner Tobias Beckett (Woody Harrelson), dessen Freundin Val (Thandie Newton) und den Verbrecherboss Dryden Vos (Paul Bettany). Selbstverständlich fehlen auch bekannte Figuren wie Chewbacca (Joonas Suotamo) und Lando Calrissian (Donald Glover) nicht. Und natürlich erfahren wir endlich im Detail, wie es Han gelang, Lando den legendären Millennium Falken in einer Partie Sabacc abzuluchsen und was es überhaupt mit dem Kessel-Run auf sich hat, für den der Falke in der ganzen Galaxie so berühmt ist. Jede Menge Fan-Service, also…

Über die Soundkulisse, den Soundtrack, das Set-Design, die Stunts, echte und computergenerierte Effekte, eben das ganze Look & Feel des Films brauchten wir uns wohl nie wirklich Sorgen machen. Lucasfilm und Disney (die inzwischen ja auch hinter den aktuellen Marvel Filmen stehen) haben über die Jahre hinweg mehr als einmal bewiesen, dass sie diese Aspekte des Filmemachens durchaus im Griff haben. Hier lange über die optischen und akkustischen Merkmale von Solo zu schwadronieren ist also ziemlich sinnlos.

Die Frage, die mich (und viele andere Star Wars Fans) seit der ersten Ankündigung des Films sehr viel mehr beschäftigt hat, lautet: Kann man für eine Figur wie Han Solo, die über Jahrzehnte das Gesicht von Harrison Ford trug, wirklich – so mal eben – einen neuen Schauspieler etablieren ohne dass die Figur und der Film drumherum dadurch von vornherein Schaden davon tragen?

Diese Frage haben sich mit Sicherheit auch die Produzenten im Vorfeld gestellt, hängt doch von der Antwort darauf nicht zuletzt der Erfolg des Films (zumindest bei den Fans) ab. Klar, Chewbacca ist als Figur ebenso bekannt und beliebt. Aber einen Wookie umzubesetzen ist wohl eine zu bewältigende Herausforderung. Lando Calrissian kennt man auch, aber er war bislang letztlich doch nur eine Nebenfigur. Neue Charaktere sind in dieser Überlegung ohnehin außen vor. Also kommt es auf Han an – und damit auf Alden Ehrenreich.

Und das Problem an so einer Frage ist: Man kann sie im Vorfeld unmöglich beantworten.

Man kann dafür Sorge tragen, dass der neue Mime und das Original sich möglichst ähnlich sehen. Sind die neuen Schauspieler besonders motiviert, versuchen sie noch so viel wie möglich von der Gestik, Mimik und Tonfall ihrer Vorgänger für sich zu übernehmen. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Wiederbelebung des Star Trek Franchise im Kino: Chris Pine, Zachary Quinto und Karl Urban haben (meiner Meinung nach) gerade in diesem Bereich extrem gut abgeliefert.

Aber so sehr sich alle Beteiligten auch anstrengen, am Ende entscheidet beim Kinobesucher schlicht das Bauchgefühl. Man sitzt im Sessel, schaut sich den Schauspieler an, versucht so wenig wie möglich über die Umbesetzung nachzudenken, kriegt sie aber doch nicht aus dem Kopf und lässt den Film eine Weile lang auf sich wirken. Und entweder man schaltet nach ein paar Minuten ab und hat das neue Gesicht akzeptiert oder man empfindet den neuen Schauspieler bis zum Ende des Films als störenden Fremdkörper.

Und was heißt das nun? Naja, ich kann Euch zwar mitteilen, wie Alden Ehrenreich mir in der Rolle gefallen hat, aber die Wahrheit ist: Wenn Ihr alte Star Wars Fans seid, dann solltet Ihr ins Kino gehen und Euch einfach selbst ein Bild machen. Es gibt Kritiker, welche die „mimische Bandbreite“ des Hauptdarstellers monieren ebenso, wie Stimmen die sich mit Alden Ehrenreich vollkommen zufrieden zeigen.

Ich persönlich zähle mich wohl zur letzteren Gruppe. Für mich hat er optisch wie akustisch prima in die Rolle hinein gepasst. Und das bringt uns direkt zu einer weiteren Frage, die man sich als Fan außerhalb des englischsprachigen Raums zusätzlich stellen durfte: Während man in der englischen Originalfassung mit der Stimme des neuen Schauspielers gewissermaßen leben muss, gerade wenn diese im Vergleich zum Original zu neu klingt, gibt es für den Rest der Welt ja immer die Chance auf eine passendere oder eventuell sogar die alte Synchronstimme. Beleuchten wir diesen Punkt also ein wenig genauer…

Han Solo hat sein raubeiniges Image im deutschsprachigen Raum nicht nur Harrison Ford zu verdanken, sondern auch dessen deutschem Synchronsprecher Wolfgang Pampel, der für Krieg der Sterne (Episode IV) erstmals als Fords Synchronstimme zum Einsatz kam und seit 1980 dessen alleinige deutsche Synchro ist.

Auch hier kann ich Entwarnung geben: Besser als mit Florian Clyde hätte man die Synchronrolle für uns wohl kaum besetzen können. Nicht nur, dass das „Synchronküken“ (wie er sich selbst bezeichnet – Solo war seine erste Blockbuster-Synchron-Hauptrolle) für sich genommen einen guten Job gemacht hat, tatsächlich klingt er sogar wie eine jüngere Version von Wolfgang Pampel – perfekt also für die Rolle des jüngeren Han.

TL;DR // Fazit: Die Kombination aus Alden Ehrenreich, dem Set-Design und Florian Clyde hat dafür gesorgt, dass ich im Kino nur wenig Eingewöhnungszeit brauchte, bis die Star Wars Welt für mich völlig in Ordnung war. Han und Chewie gehen absolut in Ordnung, ich habe mich gefreut die beiden wieder gemeinsam in Aktion zu sehen. Im Stillen hoffe ich auf eine Fortsetzung, nach der das Ende des Films regelrecht schreit. Darüber hinaus war auch das übrige Ensemble gut besetzt. Über die Qualitäten von Woody Harrelson, Emilia Clarke oder Paul Bettany braucht man wohl nicht viele Worte verlieren – lobend erwähnen sollte man aber Donald Glover, der als Lando Calrissian extrem gut rüber kam.

Die Story wird spannend erzählt, technisch spielt Solo: A Star Wars Story in der ersten Liga, und das der Film darüber hinaus neue Wege geht und bewusst versucht kein klassischer Star Wars Streifen zu sein, hat mir seinerzeit schon an Rogue One gut gefallen. Das gilt auch dieses Mal.

Von daher gibt’s von mir eine klare Empfehlung: Guckbefehl!

Und damit sind wir am Ende dieses Artikels angekommen. Eigentlich. Denn eine Sache hätte ich da noch. „One more thing“, sozusagen. Eine Neuigkeit. Nach inzwischen fast zwei Jahren bin ich nun auf die glorreiche Idee gekommen, meine höchst subjektiven Bewertungen ein wenig mehr zu präzisieren. Bislang gab’s von mir im Grunde entweder einen Daumen hoch, was in der Mehrheit der Artikel der Fall war, weil ich mir meistens nur Spiele und Filme zu Gemüte führe, die mich ohnehin interessieren oder einen Daumen runter, wenn es doch mal vorkam, dass ein Spiel oder Film meine Erwartungen so gar nicht erfüllen konnte.

Damit Ihr in Zukunft etwas besser einordnen könnt, wie gut ich etwas wirklich finde, führe ich hier auf outzoned ab sofort ein 5-Punkte-System ein. Den richtig miesen Geschichten verpasse ich schlanke 0 Punkte und alles zwischen 1 und 5 Punkten rangiert irgendwo zwischen „Kann man sich antun, muss man aber nicht“ und „Dürft Ihr auf gar keinen Fall verpassen“. An der Tatsache, dass ich hier ganz subjektiv meine persönliche Meinung zum Ausdruck bringe, ändert sich aber nichts. Es gibt im Netz und im Print-Bereich mehr als genug Magazine, die versuchen möglichst standardisierte Bewertungsmaßstäbe anzulegen und neutrale Noten zu vergeben, da muss ich nicht unbedingt auch noch mitmischen. Wer meinen Blog seit einer Weile liest hat inzwischen ohnehin ein Gefühl dafür bekommen, was mir gefällt und was nicht und kann meinen Geschmack auf diese Weise als Maßstab im Vergleich zur eigenen Meinung anlegen und meine Beiträge dementsprechend einordnen. That said: Wie sieht meine (erste) Bewertung für Solo aus?

Ich wünsche viel Spaß beim Anschauen und sage: Recht herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

 


Hinweis: Die in diesem Artikel teilweise verwendeten Begriffe, Logos, Videos und Bilder sind geistiges Eigentum von Lucas Film Ltd. LLC und Walt Disney Studios Motion Pictures.